Sonntagmorgen in der Psychiatrie

 

Nun war ich wieder mal als Klientin auf meinem potentiellen anstudiertem Arbeitsplatz gelandet. Was war der Unterschied: Wie ich sehr schnell schmerzlich bemerkte, konnte ich mich nicht so abgrenzen wie die Patienten, die nicht studiert hatten und hatte daher viele Gespräche auf dem Sofa und auf dem Hof.

Der zweite Unterschied bestand darin, dass die Angestellten nach 8 Stunden nach Hause konnten, während ich 24 Stunden von 24 Stunden ohne eigenen Ruhebereich, den ich abschließen konnte, auf der Station war.

 

Am Sonntagmorgen war ich schon um 4 Uhr wach, und stand auf, um die morgendliche Ruhe auf dem Sofa zu genießen. Als ich aus der Zimmertür trat, stand der gestern eingelieferte Selbsmordversuch vor mir und starrte mich an.

 

Da ich wusste, dass da manchmal Überraschungskekse dahinter stecken konnten, sah ich ihm ruhig ins Gesicht und ging langsam auf das Sofa zu. Er folgte mit seinem Blick meinen Bewegungen. Als ich das Sofa erreicht hatte, setzte ich mich hin. Er sah das Sofa, das schien irgendetwas in ihm in Bewegung zu bringen, auf jeden Fall setzte er sich neben mich, und war 5 Minuten später eingeschlafen. Da ich annahm, dass er die ganze Nacht wach gewesen war, erstaunte mich das nicht.

 

Um 9 Uhr ging ich dann auf den Hof, um einmal in Ruhe den Sonntag zu genießen. Der Selbstmordversuch sah mich ankommen, näherte sich mir und starrte mich an. Ein weiterer Patient aus Afrika, der mich aus facebook kannte, wie er mir erzählt hatte, näherte sich mir, und wollte einen Ratschlag.

 

Mir war nicht nach: „Das Wort zum Sonntag!“, unbezahlt zu Mute, also hielt ich ihm eine kurze Moralpredigt. Einige Wochen später bemerkte ich zu meinem Erstaunen, dass er sich sie wirklich zu Herzen genommen hatte.

 

Ich hatte danach jedoch genug, und ging zurück auf den Flur, um mich auf dem Sofa niederzulassen. Dort saßen schon zwei Herren. Stöhnend meinte ich: „Kann man denn nicht einmal sonntags seine Ruhe haben? Der Selbstmordversuch von gestern scheint ja einen Narren an mir gefressen zu haben.“

 

„Nun,“, kam es freundlich aus der Ecke des Sofas: „was meinst du, aus welchem Grund wir beide hier in der Klinik sind.“